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Nicht-Alphabetische Schriftkulturen
aktualisiert am 8.5.2022
Wie wir im vorigen Kapitel festgestellt haben, übermitteln wir dem Computer bei der Eingabe von Zeichen lediglich Bitfolgen mit 0- und 1-Werten. Was der Computer auf dem Monitor darstellt, wird aber von der Software bestimmt.
Nehmen wir z.B. mal das Textverarbeitungsprogramm Word. Sie können dort mit ganz verschiedenen Schriftarten (Fonts) arbeiten. Einige Beispiele:
Die ersten 3 Schriftarten Times, Westminster und Surfer sehen zwar etwas unterschiedlich aus, sind aber gut lesbar. Was ist nun aber mit dieser kryptischen Schriftart? Ich habe in Word die Schriftart MS Reference 2 (es gibt auch noch Reference 1) gewählt und dann ganz normal auf der Tastatur eingegeben: "Dies ist ein Beispiel in der Schriftart MS Reference 2". Die Software hat dann praktisch Zeichen für Zeichen "übersetzt" und wir sehen:
Ich habe keine Ahnung, wozu diese Schriftart eigentlich gut sein soll. Es gibt auch noch ein paar andere, die praktisch nur aus Symbolen oder auch Musiknoten bestehen. Und wenn ich einen arabischen Font installiert hätte, dann hätte ich auch arabisch schreiben können.
Die Beispiele beweisen, dass es überhaupt kein Problem ist, auf unseren Tastaturen jedes beliebige Zeichen zu erzeugen, sogar Hieroglyphen. Übrigens nicht nur auf dem Monitor. Neugierig geworden, habe ich die Word-Texte nämlich auch gleich ausgedruckt. Und siehe da: Auch der Drucker hatte keine Probleme damit.
Da die Computerindustrie historisch gesehen in den USA und Europa entstand, bauen die heutigen Hardware-Systeme auf für uns selbstverständliche Prinzipien auf. Wenn Sie in einem Textverarbeitungsprogramm einen Text tippen, wandert der Cursor beim Schreiben von links nach rechts. Automatische Zeilenumbrüche erfolgen nach typischen Begrenzerzeichen westlicher Sprachen wie Leerzeichen oder Silbentrennstrich.
Es gibt jedoch etliche Schriftkulturen, die eine andere Schreibrichtung als die unsrige haben. Dazu gehören etwa arabische, hebräische und fernöstliche. Um solche Schriften auf Computern richtig nutzen zu können, ist eine zusätzliche Software erforderlich. Denn es gilt nicht nur, die Schriftelemente abzubilden, sondern auch die Editierrichtung bei der Texteingabe und die Ausgaberichtung auf Medien wie Bildschirm oder Drucker an die Schreibrichtung der entsprechenden Schriftkultur anzupassen.
Ein weiteres Problem ergibt sich, wenn mehrsprachige Dokumente erstellt werden sollen, die Schriften ganz unterschiedlicher Zeichensätze enthalten. Stellen Sie sich z.B. einen Araber vor, der seinen arabischen Text von rechts nach links eingibt und ein englisches Zitat (von links nach rechts, andere Zeichen) verwenden möchte.
Eine Lösung zur Problematik unterschiedlicher Zeichensätze ist seit Anfang der 1990er Jahre das Unicode-System. Ein System mit englischen, deutschen, russischen, arabischen, chinesischen, japanischen u. a. Zeichen.
Dazu muss dann aber die Regel 1 Zeichen = 1 Byte aufgehoben werden. Wenn für jedes Zeichen 2 Bytes zur Verfügung stehen, ergeben sich nämlich satte 65.536 Bit-Kombinationen (256 mal 256). Chinesische User kennen das schon. Kleiner Nachteil: Jedes Zeichen verbraucht den doppelten Speicherplatz. Also auch die von uns benutzten alphabetischen, die ja eigentlich mit einem Byte zufrieden wären.
Wenn man einen anderen Zeichensatz benötigt, ist es z. B. in Windows gar nicht so schwer, den türkischen Zeichensatz zu laden. Unten in der Taskleiste erscheint dann eine entsprechende Anzeige und per Mausklick kann zwischen der deutschen und türkischen Sprache gewechselt werden. Auch beim Surfen im Internet können andere Spracheinstellungen gewählt werden.
Noch erscheint nicht alles perfekt, aber die heutigen Möglichkeiten sind schon sehr weit fortgeschritten. Zur Not können exotische Schriftzeichen auch als Grafik abgebildet werden. Nachteil: Das erfordert mehr Bytes und die Grafiken sind nicht durchsuchbar.